Die Steuereinnahmen aus der Kapitalertragsteuer bilden eine zentrale, aber stark schwankende Säule des Steueraufkommens. Sie erfassen Zinserträge auf Guthaben, Anleihen und sonstige verzinsliche Anlagen sowie Veräußerungsgewinne aus dem Verkauf von Wertpapieren. Dadurch koppeln sich die Einnahmen eng an Zinsniveau, Marktbewertung und Anlagestrategien privater wie institutioneller Investoren. In Phasen niedriger Zinsen und verhaltenen Börsenhandels schrumpft die Bemessungsgrundlage sichtbar, weshalb das Aufkommen deutlich zurückfallen kann. Steigende Zinsen, lebhafte Handelsaktivität und kräftige Kursgewinne führen dagegen zu deutlichen Mehreinnahmen des Fiskus. Die Kapitalertragsteuer spiegelt somit in verdichteter Form die Dynamik der Finanzmärkte im Bundeshaushalt wider und beeinflusst damit auch die Spielräume der Finanzpolitik spürbar.
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Inhalt
Entwicklung der Steuereinnahmen aus Kapitaleinkünften und Prognose bis 2030
Die Zeitreihe der Steueraufkommen aus Kapitalerträgen zeigt deutliche Zyklen im Gleichklang mit Zinsen und Börsenphasen. Sie durchläuft mehrere Phasen mit kräftigen Einnahmen sowie Jahren mit ausgeprägter Schwäche und strukturellen Verschiebungen.
Abbildung 1: Steuereinnahmen aus Abgeltungsteuer auf Zins- und Veräußerungserträge von 2000 – 2024 und Prognose der Einnahmen bis 2029. Quelle: bundesfinanzminsterium.de
Die Zeitreihe der Steueraufkommen aus Kapitaleinkünften zeigt einen klaren Zusammenhang mit Zinsniveau und Börsenentwicklung. Sie beginnt zur Jahrtausendwende mit stabilen, aber noch moderaten Werten. Zwischen 2000 und 2006 bewegen sich die Einnahmen meist zwischen 6,77 und 8,96 Milliarden Euro. In dieser Phase sorgen positive Zinsen und ein ruhiger Markt für ein gleichmäßiges, aber begrenztes Aufkommen.
Mit dem Vorlauf zur Finanzkrise steigt das Steueraufkommen deutlich. 2007 erreichen die Einnahmen bereits 11,18 Milliarden Euro, 2008 sogar 13,46 Milliarden Euro. Hohe Zinsen und kräftige Kursgewinne führen zu umfangreichen Veräußerungsgewinnen. Viele Anleger realisieren Gewinne noch vor oder während der beginnenden Turbulenzen. 2009 bleibt das Niveau mit 12,44 Milliarden Euro zwar hoch, bricht danach aber spürbar ein.
Zwischen 2010 und 2015 pendeln die Einnahmen überwiegend um acht Milliarden Euro. Die Geldpolitik wird immer expansiver und drückt das Zinsniveau Schritt für Schritt nach unten. Damit schrumpft die Zinsbasis als tragende Säule der Steuer. 2016 fällt das Aufkommen auf nur noch 5,94 Milliarden Euro. 2019 markiert mit 5,15 Milliarden Euro den Tiefpunkt der Niedrigzinsphase. Null- und Negativzinsen lassen Zinseinkünfte stark zurückgehen, während viele Anleger Kursgewinne weiter laufen lassen.
Ab 2020 zeichnet sich ein Wendepunkt ab. Die Corona-Krise löst zunächst starke Marktschwankungen aus, danach folgt eine kräftige Erholung. 2020 steigen die Einnahmen auf 6,76 Milliarden Euro, 2021 sogar auf 10,03 Milliarden Euro. Hohe Handelsaktivität und deutliche Kursgewinne weiten die Bemessungsgrundlage erneut aus. 2022 sinkt das Aufkommen mit 6,56 Milliarden Euro wieder, weil Verluste und Unsicherheit dominieren. 2023 bringt mit 8,36 Milliarden Euro eine Zwischenphase mit gemischter, aber robuster Marktlage.
Der eigentliche Bruch erfolgt 2024. Die Einnahmen springen auf außergewöhnliche 19,27 Milliarden Euro. Haupttreiber sind das deutlich gestiegene Zinsniveau nach dem Straffungszyklus der Notenbanken und eine sehr freundliche Börsenentwicklung. Tagesgeld, Festgeld und Anleihen werfen wieder nennenswerte Zinsen ab, während Aktienmärkte umfangreiche Kursgewinne liefern. Der unveränderte Steuersatz trifft damit auf eine stark verbreiterte Basis.
Tabelle zum Steueraufkommen aus der Abgeltungsteuer auf Erträge aus Wertpapiergeschäften und Zinsen
In der Tabelle 1 sind die Daten zur Abbildung 1 angegeben.
Tabelle 1: Steuereinnahmen aus Kapitaleinkünfte. Quellen s. Literatur
| Jahr | Steuereinnahmen [Mrd. €] | Prognose [Mrd. €] |
| 2000 | 7,33 | |
| 2001 | 8,96 | |
| 2002 | 8,48 | |
| 2003 | 7,63 | |
| 2004 | 6,77 | |
| 2005 | 6,99 | |
| 2006 | 7,63 | |
| 2007 | 11,18 | |
| 2008 | 13,46 | |
| 2009 | 12,44 | |
| 2010 | 8,71 | |
| 2011 | 8,02 | |
| 2012 | 8,23 | |
| 2013 | 8,66 | |
| 2014 | 7,81 | |
| 2015 | 8,26 | |
| 2016 | 5,94 | |
| 2017 | 7,33 | |
| 2018 | 6,89 | |
| 2019 | 5,15 | |
| 2020 | 6,76 | |
| 2021 | 10,03 | |
| 2022 | 6,56 | |
| 2023 | 8,36 | |
| 2024 | 19,27 | |
| 2025 | 24,20 | |
| 2026 | 21,05 | |
| 2027 | 19,05 | |
| 2028 | 19,30 | |
| 2029 | 19,90 | |
| 2030 | 20,45 |
Prognosen 2026 – 2030
Die offizielle Steuerschätzung vom Oktober 2025 rechnet für 2025 mit einem weiteren Anstieg auf 24,2 Milliarden Euro. 2026 soll das Aufkommen auf 21,05 Milliarden Euro zurückgehen, bleibt damit aber weit über früheren Phasen. Für 2027 und 2028 erwartet die Prognose Werte von 19,05 beziehungsweise 19,3 Milliarden Euro. 2029 könnte mit 19,9 Milliarden Euro eine leichte Verstärkung bringen. Für 2030 unterstellt die Schätzung schließlich 20,45 Milliarden Euro. Insgesamt ergibt sich damit ein dauerhaft hohes Niveau, das etwas unter dem außergewöhnlichen Peak 2025 liegt. Die Zahlen verdeutlichen, wie stark die Steuereinnahmen aus Kapitalvermögen von Zinswende, Marktvolumen und Börsenstimmung abhängen und damit auch künftig erheblichen Schwankungen unterliegen.
Literatur und Quellen
Bundesfinanzministerium – Datensammlung zur Steuerpolitik Ausgabe 2025
Steuerschätzung Oktober 2025 – Bundesministerium der Finanzen – Referat I A 5 Ergebnis der Steuerschätzung Oktober 2025. Ergebnis
der 169. Sitzung des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ vom 21. bis 23. Oktober 2025 in Berlin
Dr. Ulrich Fielitz ist unabhängiger Finanzanalyst und Betreiber von kostenlos.com.
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