Zinsen spielen nicht nur als Einnahmequelle für Banken eine wichtige Rolle. Die Finanzmärkte schauen geradezu manisch auf die Entwicklung bestimmter Zinssätze. Der Euribor ist eine wichtige Referenzgröße im europäischen Finanzmarkt und beeinflusst viele Finanzprodukte im Alltag der Verbraucher. Dabei steht Euribor für „Euro Interbank Offered Rate„. Der Referenzzinssatz gibt an, zu welchem Zinssatz sich Banken untereinander kurzfristig Geld in Euro verleihen. Täglich wird dieser Zinssatz von der European Money Markets Institute (EMMI) auf Basis von Meldungen ausgewählter europäischer Banken berechnet. Dabei gibt es verschiedene Laufzeiten, von einer Woche bis zu zwölf Monaten, wobei der 3-Monats-Euribor 2025 besonders häufig verwendet wird.
Für Verbraucher und Unternehmen ist der Euribor bedeutsam, weil er Grundlage für viele Kreditverträge und Sparprodukte ist. Beispielsweise orientieren sich Zinsen für variable Kredite oder Hypothekendarlehen häufig am Referenzzins. Sinkt er, profitieren Kreditnehmer von günstigeren Zinsen. Steigt er hingegen, verteuern sich viele Kredite und erhöhen somit die Belastung für Verbraucher. Darüber hinaus beeinflusst der Euribor indirekt auch Sparzinsen und Anlageprodukte, da Banken ihre Konditionen daran ausrichten. Hier finden Sie die Euribor Prognose 2025.
Seit einigen Jahren spielt der Euribor außerdem eine zentrale Rolle bei der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank. Veränderungen des Euribors spiegeln daher auch Erwartungen bezüglich der geldpolitischen Entscheidungen der EZB wider. Insgesamt gilt der Referenzzinssatz als eines der wichtigsten Barometer für die Zinssituation und Liquidität am europäischen Geldmarkt.
Linktipp: Zinsentwicklung 2026
Geldmarktpolitik
Die Geldmarktpolitik der Europäischen Zentralbank und der Euribor stehen in engem Zusammenhang. Die EZB nutzt die Geldmarktpolitik aktiv, um die wirtschaftlichen Bedingungen im Euroraum zu steuern. Der Zinssatz für kurzfristige Kredite zwischen Banken, reagiert unmittelbar auf diese geldpolitischen Maßnahmen. Dies ist besonder nach einem EZB Zinsentscheid von Bedeutung.
Die Europäische Zentralbank verfolgt mit ihrer Geldpolitik primär das Ziel, Preisstabilität im Euroraum sicherzustellen. Dazu nutzt sie mehrere Instrumente, vor allem die Steuerung der kurzfristigen Zinssätze über Leitzinsentscheidungen und Offenmarktgeschäfte. Die Leitzinspolitik beeinflusst direkt den Euribor, da Banken ihre Erwartungen an zukünftige Refinanzierungskosten daran orientieren. Hier finden Sie die Prognose zum EZB- Leitzins in 2026.
Hebt die EZB beispielsweise den Leitzins an, verteuern sich die Refinanzierungskosten für Banken. Diese geben die gestiegenen Kosten an den Interbankenmarkt weiter, wodurch der Zinssatz ebenfalls steigt. Ein praktisches Beispiel hierfür war die Phase zwischen 2006 und 2008, als die EZB mehrmals die Leitzinsen erhöhte, um einer drohenden Inflation entgegenzuwirken. Der Euribor stieg entsprechend deutlich an und verteuerte Kredite für Verbraucher spürbar, insbesondere bei variablen Immobilienkrediten.
Umgekehrt führte die expansive Geldpolitik nach der Finanzkrise 2008 zu einer drastischen Senkung der Leitzinsen. Als Reaktion auf diese Zinssenkungen sank der Euribor auf historisch niedrige Niveaus, zeitweise sogar unter die Nulllinie. Dies zeigte sich praxisnah darin, dass viele Verbraucher von extrem günstigen Konditionen bei variabel verzinsten Hypotheken profitierten. Gleichzeitig führte das niedrige Zinsniveau zu deutlich geringeren Erträgen für Sparer, die auf Tages- oder Festgeldkonten kaum noch Zinserträge erzielten.
Ein weiteres wichtiges Instrument der EZB sind Offenmarktgeschäfte. Durch den Kauf oder Verkauf von Wertpapieren am Geldmarkt steuert die EZB direkt die Liquidität im Bankensektor. Erhöht sie beispielsweise das Volumen ihrer Wertpapierkäufe (Quantitative Easing), steigt die Liquidität der Banken. Das drückt den Zinssatz zusätzlich nach unten, weil Banken leichter und günstiger Geld beschaffen können. Seit 2015 führte die EZB massive Anleihekaufprogramme durch, wodurch die Geldmarktsätze einschließlich des Euribor stark sanken und Kreditfinanzierungen billiger wurden.
Der Euribor fungiert somit als wichtige Schnittstelle zwischen geldpolitischen Entscheidungen der EZB und der realen Wirtschaft. Veränderungen in der Geldpolitik wirken unmittelbar auf diesen Zinssatz und beeinflussen dadurch direkt die Kreditkonditionen, die Verbraucher und Unternehmen erhalten. Banken passen ihre Zinspolitik entsprechend der Euribor-Entwicklung an, weshalb die Geldmarktpolitik der EZB letztlich tiefgreifende Auswirkungen auf alle Marktteilnehmer im Euroraum besitzt.
Geschichte
Die Geschichte der europäischen Geldmärkte ist eng verbunden mit der Einführung einer einheitlichen Währung, dem Euro. Um diese Märkte transparenter zu gestalten, wurde Ende 1998 der neue Referenzzinssatz Euribor eingeführt. Seit dem 1. Januar 1999 ist er der offizielle Zinssatz, zu dem sich Banken innerhalb der Eurozone gegenseitig kurzfristig Geld verleihen. Ziel war es, eine verlässliche Grundlage für Zinsen auf Kredite und Geldanlagen in der Eurozone zu schaffen.
Anfangs wurde der Euribor wenig beachtet, doch dies änderte sich mit dem starken Wachstum des europäischen Kreditmarktes ab den 2000er-Jahren. Die praktische Bedeutung zeigte sich deutlich bei Immobilienkrediten: Viele Verbraucher schlossen variabel verzinste Kredite ab, deren Zinssätze auf dem Euribor basierten. In der Finanzkrise von 2008 stieg der Referenzzins plötzlich rapide an, wodurch die monatlichen Raten vieler Kreditnehmer stark zunahmen. Dies führte zu erheblichen finanziellen Schwierigkeiten für Tausende Verbraucher in ganz Europa.
Als Reaktion darauf wurde der Euribor zunehmend reguliert, um Manipulationen zu verhindern und die Transparenz zu verbessern. Im Jahr 2012 deckten Behörden Manipulationen durch mehrere Banken auf, was zu erheblichen Reformen bei der Berechnung führte. Heute basiert der Zinssatz auf tatsächlichen Transaktionen zwischen Banken, wodurch er stabiler und vertrauenswürdiger geworden ist.
Ein aktuelles Praxisbeispiel für die Nutzung des Euribor sind weiterhin Hypothekendarlehen. Auch heute noch beeinflusst der Zinssatz direkt die monatliche Belastung von Millionen europäischer Verbraucher und ist somit ein wesentlicher Bestandteil des finanziellen Alltags vieler Menschen.
Verbraucher
Was genau bedeutet der Referenzzsinssatz für Verbraucher, und warum sollten sie diesen Begriff überhaupt kennen?
Die Bedeutung des Euribor für Verbraucher liegt hauptsächlich darin, dass er als Referenzzinssatz zahlreiche Finanzprodukte beeinflusst. Besonders deutlich wird dies bei Immobilienfinanzierungen, die häufig an variable Zinssätze gekoppelt sind. Wer zum Beispiel ein Haus oder eine Wohnung kauft und einen variablen Kreditvertrag abschließt, zahlt oft Zinsen, die auf dem Euribor basieren. Sinkt dieser Zinssatz, spart der Verbraucher Geld, da sich seine monatliche Belastung reduziert. Steigt er hingegen, werden die Kreditraten teurer und erhöhen die monatlichen Ausgaben spürbar.
Ein weiteres Praxisbeispiel sind Dispositionskredite (Überziehungskredite) auf Girokonten. Auch hier ist der Euribor indirekt entscheidend. Banken orientieren ihre Zinssätze meist an aktuellen Marktzinsen, die wiederum vom Referenzzinssatz abhängen. Je höher der Euribor, desto teurer wird der Dispokredit. Das merken Verbraucher besonders dann, wenn sie ihr Konto regelmäßig überziehen müssen.
Auch im Bereich des Sparens zeigt sich der Einfluss des Euribor. Tagesgeldkonten, Festgeldanlagen oder Sparbriefe orientieren sich oft an kurzfristigen Zinssätzen. Steigt der Referenzzins, erhöhen Banken häufig auch die Zinsen auf Sparkonten. Verbraucher profitieren dann von höheren Zinserträgen. Sinkt der Referenzzinssatz dagegen deutlich, fällt es schwer, attraktive Zinsen für das Ersparte zu bekommen.
Ein Beispiel: Anstieg des Euribor: Wenn der 3-Monats-Euribor von 0,246 % auf 1,737 % steigt, entspricht dies einer Erhöhung um 1,491 Prozentpunkte. Bei einem variabel verzinsten Sparprodukt, das an den 3-Monats-Euribor gekoppelt ist, würde der Zinssatz entsprechend um 1,491 Prozentpunkte steigen. Individuelle können Sie hier Prozent online berechnen.
Zusammenfassend beeinflusst der Euribor Verbraucher sowohl positiv als auch negativ, abhängig von ihrer individuellen finanziellen Situation. Ob es sich um Immobilienfinanzierungen, Girokonten oder Sparprodukte handelt: Die Entwicklung des Euribor ist stets ein wichtiger Indikator für finanzielle Entscheidungen im Alltag.
Literatur
European Money Markets Institute (EMMI), 2019: Benchmark Determination Methodology for EURIBOR.
Juncker J.-C., 2016: Durchführungsverordnung (EU) 2016/1368 der Kommission vom 11. August 2016.
Schwirz S., 1999: Der Euro, internationale Verträge und Finanzderivate.
European Banking Federation (EBF), 2013: Reduction in the number of Euribor tenors as of 1 November 2013.
European Money Markets Institute (EMMI), 2023: Consultation Paper on Enhancements to EURIBOR’s Hybrid Methodology.
Reuters, 2023: Euribor revamp aims to attract wider pool of banks.
European Securities and Markets Authority (ESMA), 2023: The Euro Risk-Free Rates Working Group concludes its work. Online verfügbar
IntaCapital Swiss, 2024: The Overhaul of Euribor 2024.
Regulation Tomorrow, 2024: Final results of EMMI consultation paper on proposed changes to Euribor methodology. Link.