Chase plant einen der ambitioniertesten Neueinstiege in den deutschen Retailbankmarkt der vergangenen Jahre. J.P. Morgan überträgt seine digitale Privatkundenmarke, die in Großbritannien seit 2021 aktiv ist und dort bereits mehr als zwei Millionen Kundinnen und Kunden erreicht, nun nach Deutschland. Nach aktuellen Planungen startet das Angebot im zweiten Quartal 2026. Und positioniert sich damit früh in einem möglichen neuen Zyklus steigender Konkurrenz um Einlagen. Die Webseite kann schon unter https://www.chase.de auggerufen werden.
Der Konzern nutzt dabei ein klares Modell: Chase tritt als App-basierte Direktbank auf, die sich zunächst auf ein attraktives Tagesgeld konzentriert und damit bewusst die ausgeprägte Sparorientierung deutscher Haushalte adressiert. Produkt und Oberfläche orientieren sich an der in Großbritannien etablierten Plattform. Allerdings wird das Team in Berlin Funktionen und Konditionen an regulatorische und kulturelle Besonderheiten des deutschen Marktes anpassen. Schrittweise erweitert Chase das Spektrum um weitere digitale Angebote, sodass Kundinnen und Kunden langfristig ein vollwertiges Kontoumfeld erhalten.
Organisatorisch verankert J.P. Morgan die Digitalbank im Standort Berlin. Das Unternehmen hat dort im Gebäudekomplex X8, der ehemaligen Axel-Springer-Passage in Kreuzberg, ein eigenes Büro für Chase aufgebaut. Hier werden Produktentwicklung, Technologie, Risiko und Kundenerlebnis gebündelt. Aktuell umfasst das Team rund 120 Beschäftigte. Mittelfristig plant das Institut einen Ausbau auf bis zu 400 qualifizierte Fachkräfte. Berlin fungiert damit als operatives Herz der neuen Marke, während J.P. Morgan in Frankfurt und weiteren Standorten sein etabliertes Geschäft mit Firmenkunden, Kapitalmarktmandaten und Vermögensverwaltung fortführt.
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Die neue Chase in Deutschland
Rechtlich nutzt der Konzern die bestehende J.P. Morgan SE als europäische Drehscheibe, sodass die Digitalbank auf eine bereits eingerichtete Aufsichtsstruktur von EZB und BaFin zurückgreift. Diese Einbettung erleichtert die Skalierung des Geschäfts, weil das Institut Prozesse, Compliance-Strukturen und Risikosteuerung nicht neu erfinden muss, sondern bestehende Frameworks nur um das Retailsegment ergänzt.
Strategisch zielt Chase auf digital affine Kundengruppen, die Preisvergleiche gewohnt sind und hohe Erwartungen an Nutzerführung, Zinsniveau und Servicequalität formulieren. Ziel von J.P. Morgan ist einer der Spitzenplätze im deutschen Retailmarkt. Berichte sprechen von dem Anspruch, mittelfristig zu den fünf größten Privatkundenbanken zu gehören. Ausgangspunkt ist der enorme Einlagenpool deutscher Haushalte, der über 2,5 Billionen Euro erreicht. Schon geringe Marktanteile bedeuten daher zweistellige Milliardenbeträge an Einlagen. Der Markteintritt erfolgt in einem Umfeld, das etablierte Direktbanken wie ING und DKB, regionale Institute sowie Fintechs wie N26 oder Trade Republic bereits intensiv besetzen. J.P. Morgan setzt dennoch auf einen langen Atem und formuliert intern den Anspruch, sich mittelfristig unter den führenden Privatkundenbanken in Deutschland zu etablieren. Ob diese Strategie aufgeht, hängt vor allem von drei Faktoren ab: der Wettbewerbsfähigkeit des Zinsangebots, der konsequenten Exzellenz der App-Experience und der Fähigkeit, trotz rein digitaler Beziehung nachhaltiges Vertrauen aufzubauen.